Die Japanische Klarinette - Musikarbeit mit Demenzkranken

Ein Konzert mit zeitgenössischen Kompositionen - und eine Ermunterung für die Musikarbeit mit Demenzkranken

Das japanische Kulturinstitut in Köln veranstaltete dieser Tage ein Konzert in seinen Räumen am Aachener Weiher. Geboten wurde unter dem Titel ‚Die Japanische Klarinette‘ eine Reihe von neuen Werken zeitgenössischer Komponisten, darunter – natürlich – einige Japaner. Die kurzen Stücke waren für Klarinette geschrieben, das renommierte Klarinettenduo Beate Zelinsky und David Smeyers waren die Ausführenden.

Die klassische Musik der neuesten Moderne ist nicht selten für unsere Ohren ungewohnt. Die zumeist innewohnenden Versuche, Bauart und Technik der Instrumente über die tradierte Lesart hinaus zu erforschen, überraschen auch geübte Zuhörer immer wieder. Diese Experimente erweitern das Repertoire um das ‚Spielerische‘ in einer freien Form. Töne entstehen, für die es keine Noten, nur ausführliche Notationen zu geben scheint.

Das gefällt nicht jedem und verlangt den Zuhörern hohe Konzentration ab. Gespielt wurden an diesem Abend 7 kürzere Stücke, von denen gerade die beiden der jüngeren Generation jenen spielerischen Umgang mit dem Instrument immer wieder einforderten - vielleicht auch mit leiser Ironie.

Die jüngere Generation war durch die Komponistinnen Fujikura Dai (*1977) und Kishino Malika (*1971) vertreten. Beide leben in Köln. Die zerhackten, abgestoppten oder auch nur hingehauchten Luftströme vor allem zu Beginn der Stücke ‚Hibiki in the Line‘ und ‚Halo‘ erinnerten mich - in einem ganz anderen Bereich - an an eine alte ‚Technik‘. Und machten Mut, einmal daran anzuknüpfen.

In der Betreuung Demenzkranker ist es oftmals ein Problem, überhaupt Reaktionen zu erhalten. Etwa bei traumatisierten oder bei Palliativ-Kranken. Eine Möglichkeit der Ressourcenweckung, die ich früher schon einmal kennen gelernt hatte, ist es, einem Demenzkranken eine simple Mundharmonika an die Lippen zu halten. Dabei erweist sich schon allein der Atem als Ton-gebend. Auf eine denkbar einfache Weise wird eine verbliebene Ressource des Erkrankten aufgezeigt und hörbar gemacht.

Dass in zeitgenössischen Kompositionen mit solchen ‚Ressourcen‘ (im doppelten Sinne) gespielt wird, regt durchaus an. So kam mir der Gedanke, dass man in einer Aktivierung mit Demenzkranken mittels mehrerer Mundharmonikas (mit abgedeckten, luftdurchlässigen Mundstücken) auf ‚Zuruf‘ Töne produzieren lassen könnte. Auch das kann sodann – wie der Abend mit der ‚japanischen Klarinette‘ zeigte – eine Form von Musik sein.

Im großen Vortragssaal des Japanischen Kulturinstituts gab es an diesem Abend freundlichen Beifall für die Ausführenden sowie für die anwesende Fujikura Dai.

Ein Mitschnitt des Konzerts wird übrigens am 13. August im ‚Atelier neuer Musik‘ des Deutschlandfunks zu hören sein.

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