Mit der Kabinenbahn - Museumsführungen in Zeiten der Pandemie

Museen öffnen wieder. Um relativ virensichere Bedingungen zu gewährleisten, sind die Einschränkungen jedoch beträchtlich. Jochen Schmauck-Langer von (de)mentia+art hat überlegt, wie man Besuche und sogar Führungen virensicher gestalten könnte



Durch die Sammlungsräume von Museen könnte eine Art Kleinbahn verlaufen. Diese Kleinbahn besteht aus aneinandergekoppelten Einzelkabinen, von der Größe her etwa herkömmlichen Umkleidekabinen vergleichbar. Die Vorderseite und die Seitenwände dieser Kästen sind verglast, sodass man ungehindert auf die Objekte und - für viele Besucher nicht weniger wichtig - auf die anderen Ausstellungsbesucher schauen kann. Nebenbei ist es auch ein Spuckschutz für die Objekte. 
Auf diese Weise kann eine Gruppe wie bei herkömmlichen Führungen zusammengefasst werden. Über eingebaute Lautsprecher werden Hinweise von Museumsguides, aber auch interaktive Äußerungen aus der Gruppe übertragen. Eine Art sozialer Raum im ästhetischen Museumsraum entsteht. Wer nicht an Führungen teilnimmt, für den würde das Dauergemurmel eines Sammlungsraums übermittelt. Innerhalb der Kabinen können Besucher mit digitalem Infomaterial versorgt werden, Augmented Reality, kommende Ausstellungen, sogar mit Werbung.

TAKTUNG, WERBUNG, SPUCKSCHUTZ

Für die Geschwindigkeit dieses Zuges bzw. der Kabinen ist eine bestimmte Taktung vorgesehen. Vielleicht pro Objekt 1 Minute - mehr als der Durchschnittsbesucher vor einem Bild verweilt. Danach bewegt sich die Kabinenbahn um ein Objekt weiter, und jeder Besucher hat in seiner Kabine ein neues Objekt unmittelbar vor sich. Wenn eine bestimmte Anzahl von Objekten gesehen wurde, endet die Rundfahrt. Eine benutzte Kabine wird sodann wie in einer Autowaschanlage gereinigt bzw. desinfiziert und rollt dann wieder zur weiteren Nutzung.
Schließungen wegen einer Pandemie oder ähnlichem wären damit ausgeschlossen. Die notwendigen Investitionen machen sich auch deshalb rasch bezahlt, weil der größte Teil der Museumspädagogen und des Sicherheitspersonals eingespart werden könnte. Nur beim Ein- und Ausstieg wäre (wie bei Skiliften) Hilfe nötig, um die Kabinen zu betreten und sie ordnungsgemäß zu schließen.

ABENDÖFFNUNGSZEITEN

Bei Abendöffnungszeiten könnte man bestimmte Kabinen als Doppelkabinen anbieten und sie mit gemütlichen Zweiersofas oder einer Art Strandkörben ausstatten. Gegebenenfalls könnten auch Getränke, Snacks oder etwas zu Knabbern angeboten werden. Diese Rundfahrten würde man zeitlich großzügiger takten (und sicherlich auch anders bepreisen).
Für Familien mit Kindern schließlich könnte man bestimmte größere Einheiten beifügen, ausgestattet für kleinere Kinder mit Spielzeug beziehungsweise Gitterbettchen, für die Kids mit Spielkonsolen. 
Für Senioren wären Zoomfunktionen an der Vorderseite der Kabinen bereitgestellt. Für Menschen mit Demenz oder andere Einschränkungen sind einfühlsame Audiotexte (in leichter Sprache) möglich. Diese sollten aber auch für die anderen Besucher*innen angeboten werden. 
Im Ganzen gesehen ergäbe sich also eine Reihe von Vorteilen: In unseren globalisierten Virenzeiten wird Covid-19 nicht die einzige Pandemie bleiben, die Museumsbesuche verleiden kann. Dabei sind die Kunstwerke deutlicher und unmittelbarer zu sehen, als das per Video zuhause der Fall wäre. Zugleich trübt kein Virus dieses Erlebnis. Im ästhetischen Raum scheinen dadurch soziale Erfahrungen aller Art möglich, ergänzt durch alle erdenklichen Annehmlichkeiten und sinnlichen Genüsse, die einer innovativen Museumsleitung dazu einfallen... 
 

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