Newsletter 02_2020

Kulturelle Teilhabe nach einer Pandemie

Sehr geehrte Leserinnen und Leser,


Erfahrungen mit der weltweiten Verbreitung der Viruserkrankung COVID-19 lassen wichtige gesellschaftliche Veränderungen erkennen. Diese gelten auch für die Kultur. (de)mentia+art arbeitet in Museen und Konzerthäusern insbesondere für und mit Menschen mit kognitiven oder psychischen Einschränkungen. Das reicht von Schüler:innen bis hin zu hochaltrigen Senior:innen. Die aktuelle Pandemie ist für alle Menschen schwierig. Die existentielle Gefährdung verdichtet sich jedoch für die genannten Gruppen, insbesondere für Menschen in sehr hohem Alter. Zugleich wächst die Sehnsucht, nach langer Abgeschiedenheit gerade auch in ausgewählten Bildern und Objekten existentiellen Sinn und sinnliche Schönheit zu entdecken. Zum einen ist es naheliegend, Führungen auch für diese Gruppen nun räumlich unabhängig, also digital anzubieten. Aber wir haben von Anfang an den Anspruch gehabt, dass unsere Museumsführungen Teilhabe-orientiert sind und ein gemeinsames Entdecken ermöglichen. Das sollten auch digitale Angebote ermöglichen. Zum anderen haben wir auch versucht, die Museumsführungen an sich weiterzuentwickeln.


Es gilt, die Aura eines schönen Raums tatsächlich wieder vor Ort zu erleben. Im Kontext der existentiellen Erfahrung dieser Pandemie bedeutet das für uns, dass sich beim Gang durch
eine Ausstellung die Auswahl der Objekte ändern wird. Einsamkeit, Leid, Frustration und andere Erfahrungen, aber auch Solidarität, Mitgefühl und, Empathie versuchen wir ins eigene Erleben, in die eigene Erfahrung zu nehmen. Daraus ergeben sich - stets angepasst an die Ressourcen der Teilnehmer:innen - Fragen nach Identität und Persönlichkeit, nach Möglichkeiten der Orientierung in sich selbst ebenso wie in der Welt, nach dem Verhältnis von Verstand und Gefühl und nicht zuletzt Räume der Erinnerung – in allen erdenklichen Facetten. Nicht fehlen darf dabei die „Frage nach dem Glück“, die, bezogen auf ein konkretes Objekt, die Veränderbarkeit einer gegebenen Situation im Sinn hat. Die Fragestellungen der Teilhabe-orientierten Kommunikation werden sich noch mehr danach ausrichten, es unseren Teilnehmer:innen zu ermöglichen, selbst die eine oder andere Schicht eines Kunstwerks auch aus eigenen Erfahrungen heraus zu entdecken.
Es geht in dieser Zeit um nichts weniger als um den Wechselgesang einer erlebbaren Brüchigkeit der Existenz und dem nachhaltig gestärkten Bewusstsein für die ungeheure Schönheit der Welt, wie sie sich gerade auch in den Museen zeigt oder in den Konzerthäusern zu hören ist. Und wir erleben unentwegt, dass es nach wie vor begleitend der Solidarität vieler Menschen bedarf, um auch für die Schwächeren die Chance auf gleichberechtigte Teilhabe zu sichern!
Gleich wie lange der jetzige Zustand noch andauert: letztlich wird sich die Frage nach dem Selbstbewusstsein stellen, ob Museen und Konzerthäuser und all die anderen Kultureinrichtungen nicht auch für Menschen ohne besondere Bildungsvoraussetzungen - "systemrelevant" - ; sein können und ob sich der Kultursektor entsprechend glaubhaft darstellen kann. (de)mentia+art lädt Sie herzlich ein: Probieren Sie es bei unseren Führungen selbst für sich aus!
Weitere Infos dazu finden Sie auf unserer Website: H i e r
Herzlich aus Köln

Jochen Schmauck-Langer

PS:
1. Wir haben viele Hinweise gesammelt, wie man auch digital Museen besuchen und erleben kann.
2. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben - Unsere neuen Fortbildungstermine für das 2. Halbjahr sind beigefügt. Weitere folgen!

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